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Konzept für einen naturverträglichen Bootstourismus auf Pegnitz, Rednitz und Regnitz („Kanukonzept“)

Ausgangslage

Die bootstouristische Gewässernutzung, sei es durch Kanus, Schlauchboote oder Stand-Up-Paddle-Boards (SUP), nimmt in den letzten Jahren auch an den Flüssen Pegnitz, Rednitz und Regnitz in den Städten Fürth und Nürnberg zu. So ist, auch wenn sich der Bootstourismus hier bislang im Wesentlichen auf private Kanu- und SUP-Sportler beschränkte, eine steigende Nutzungsfrequenz auf den Flüssen zu verzeichnen.

Anstoß für dieses Projekt waren mehrere vorliegende Anträge auf wasserrechtliche Zulassung von gewerblichen Touren- und Kanuverleih-Anbietern. Bei der Bearbeitung dieser Anträge wurde aufgrund begründeter Bedenken seitens Fischerei und Naturschutz deutlich, dass die derzeitige Informationslage für eine fundierte Entscheidung -weder in die eine noch in die andere Richtung- ausreicht. Zudem muss neben den beantragten bootstouristischen Nutzungen auch der bereits in unbekanntem Umfang stattfindende und Verfassungsrang genießende Gemeingebrauch berücksichtigt werden, um die Auswirkungen auf die Gewässer sowie die Fauna und Flora in und am Gewässer fundiert einschätzen und -soweit erforderlich- auf ein naturverträgliches Maß beschränken zu können.

Aus naturschutzfachlicher Sicht gehören die Flüsse und ihre Talräume zu den wichtigsten landschaftsprägenden Elementen (geschützt als Landschaftsschutzgebiet und teilweise an der Rednitz in Nürnberg als FFH-Gebiet) und bieten einen strukturreichen Lebensraum für zahlreiche Arten (v.a. Vögel, Libellen, Fledermäuse, Biber und Fische), darunter gefährdete und streng geschützte Vogelarten (z.B. Eisvogel, Flussregenpfeifer, Wasseramsel, Bachstelze, Pirol, Trauerschnäpper, Rohrammer). Von den 24 in den Gewässern nachgewiesenen typischen Fischarten sind 17 gefährdet bzw. auf der Vorwarnliste, so z.B. Mühlkoppe (Vorwarnliste), Schneider (stark gefährdet) und Bachneunauge (vom Aussterben bedroht). 

Beim SUP-/Kanufahren können sich Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt durch mechanische Beeinträchtigungen (z.B. Trittbelastungen, Paddelberührungen), Müll, Lärm und optische Störungen ergeben. Bei mechanischen Beeinträchtigungen des Ufers können im schlimmsten Fall gesetzlich geschützte Brutstätten von gefährdeten Tierarten, wie z.B. die Brutröhren des seltenen Eisvogels, zerstört werden. Ebenso können störungsempfindliche Tierarten durch Lärm oder bloße Anwesenheit von Wassersportlern beunruhigt oder vertrieben werden. Zudem können Fischlaichplätze sowie Larvallebensräume von Libellen und anderen Wasserinsekten durch eine mechanische Belastung, insbesondere bei Niedrigwasserständen (z.B. durch Paddel oder Sedimentaufwirbelung) zerstört werden. Auch die Vorkommen von Wasserpflanzen können durch mechanische Beschädigungen beeinträchtigt werden.

Weitere wichtige Aspekte sind die erhöhten Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht, Schädigungen der Lebensräume im Bereich von Ein- und Ausstiegsstellen sowie Probleme im Zusammenhang mit der An- und Abreise der Wassersportler (Verstöße gegen das Befahrungs- und Parkverbot im Landschaftsschutzgebiet).

Ziel

Durch die Erstellung des sog. „Kanukonzepts“ soll der Bootstourismus, d.h. sowohl das gemeingebräuchliche Befahren der Gewässer als auch die genehmigungspflichtige Schifffahrt, naturverträglich gesteuert werden. So soll es als Grundlage dienen, um über die vorliegenden und künftigen Anträge auf wasserrechtliche Schifffahrtsgenehmigung ausgewogen entscheiden zu können („ob“ und „wie“). Vor der Beantwortung dieser Fragestellung muss das Konzept den genehmigungsfreien Gemeingebrauch betrachten und, soweit dies fachlich zum Schutz von Fauna und Flora im und am Gewässer erforderlich ist, Maßnahmen zur naturverträglichen Steuerung dieser gemeingebräuchlichen Gewässernutzung entwickeln. Diese Maßnahmenvorschläge könnten anschließend Diskussionsgrundlage für Gemeingebrauchsverordnungen in den Städten Fürth und Nürnberg sein und in eventuellen Genehmigungsentscheidungen aufgehen.

Untersuchungsprogramm

Untersucht werden Abschnitte von Pegnitz, Rednitz und Regnitz auf einer Gesamtlänge von 22,438 km.

Die aktuelle Nutzungsintensität soll an mehreren Stellen über eine Saison hinweg registriert werden. An mehreren Stellen sollen zudem Pegelmessgeräte eingesetzt werden, um die Veränderungen der Wasserstände im Jahresverlauf besser einschätzen zu können.  Außerdem werden im Laufe der Saison wertgebende Strukturen (Sandbänke, Steilwände, Röhrichte, Flachwasserbereiche) und Problembereiche (Ein- und Ausstiegsstellen, Abstellplätze) entlang der Fließgewässer kartiert.

Bereits begonnen wurde mit der Erfassung von Brutvögeln entlang der Untersuchungsstrecken. Der Fokus liegt dabei auf typischen Fließgewässerarten wie Eisvogel, Wasseramsel, Gebirgsstelze. Aber auch Arten der Gewässerauen und begleitenden Röhrichte werden aufgenommen. Ab Mitte Mai werden auch Libellen und die Fließgewässervegetation untersucht.

Die Kartierungen erfolgen teilweise von Land, überwiegend jedoch vom Boot aus. Es ist vorgesehen, die Bestandsaufnahmen im Jahr 2021 abzuschließen. Anschließend werden die Daten ausgewertet und fließen in das Maßnahmenkonzept ein, das 2022 fertiggestellt werden soll. Vorgesehen sind diverse Terminen zur Vorstellung und Diskussion der Ergebnisse mit Fachstellen, Nutzergruppen und politischen Gremien in Fürth und Nürnberg.